BLNRB – Welcome to the madhouse

Wenn eine deutsche Kulturinstitution (die Goethe-Institute) eine Reihe Berliner Electromusiker (Gebrüder Teichmann, Modeselektor, Jahcoozi) nach Afrika (genauer: Nairobi) schifft, um dort mit lokalen Musikern zu jammen, lässt sich befürchten, es könnte in einer einseitigen Lehrstunde enden. Natürlich stehen gerade Künstler wie die Teichmanns, Modeselektor und Jahcoozi für eine multikulturelle Offenheit, so dass diese Einseitigkeit eher unwahrscheinlich ist. Tatsächlich ist die formulierte Sorge somit auch unbegründet. Dennoch mangelt es „Welcome To The Madhouse“ an etwas. Aber selbst dieses – noch zu klärende – fehlende Element ändert nichts daran, dass die kenianischen Rapper, Sänger und Musiker und die deutsche Beatschmiede zusammen als BLNRB ein ausgesprochen kurzweiliges Album zwischen Rap, Ghettotech, Dub und Dancehall vorlegen. Weiterlesen „BLNRB – Welcome to the madhouse“

Jahcoozi – Barefoot Wanderer

Alles beginnt und endet. Der Anfang hier, also die ersten Takte auf „Barefoot Wanderer“, dem dritten Jahcoozi-Album, könnte eine durchproduzierte karibische R’n’B- oder Dancehall-Platte eröffnen. Der dubbige Bass, der folgt, jedoch …

Das Ende wiederum besteht aus langgezogenen Tönen, auf Tontöpfen erzeugt, aus strukturiertem Störgeräusch.

Dazwischen präsentiert das multinationale Trio ein am Bass geführtes Album. In weiten Zügen dominiert der erwähnte dubbige Klang, der in Kombination mit Sasha Pereras hypnotischem Gesang das Album erdet – so zu hören im treibenden, das Album eröffnenden „Barefoot Dub“, dem verschleppten „Zoom In Fantasize“ und dem stark jamaikanische Züge tragenden „Lost In Bass“.
Das ist weniger Dubstep, zehrt jedoch aus den gleichen Wurzeln.

Dazwischen schiebt sich überraschend, scheinbar unpassend und irgendwie ganz natürlich digitaler Hardcore-Hiphop („Powerdown Blackout“ mit Anti Pop Consortiums M. Sayyid). Es folgen atmosphärisch dichte, mystische Stücke wie „Speckles Shine“, das TripHop ist und dank der konkreten Bass- und Beat- Inszenierung doch weit darüber hinausreicht oder das latent nervige, Mittel des Eurodance nutzende „Read The Books“ inklusive kultureller Botschaft.

Vor allem aber finden sich „Msoto Millions“, „Barricaded“ oder „Close To Me“. Ersteres ist eine Kooperation mit den Kenianern von Uko Flani, die eher klassischen Dancehall mittels massivster Bässe um einige Etagen tieferlegt. „Barricaded“ formt dank Sasha Pereras und Barbara Panthers Gesang eine melancholisch hypnotische Reise von Avantgarde-Alternative zu Pop Marke Björk zu jazzigem Drum’n’Bass und bleibt so immer eigen. Einigermaßen anachronistisch erscheinend gehört es zu Höhepunkten auf „Barefoot Wanderer“. Ein weiteres Highlight ist sicherlich die The-Cure-Interpolation/-Aneignung „Close To Me“, die in ihrer Verbindung aus Altem und Neuem, in ihrer mentalen und musikalischen Beweglichkeit vielleicht als typisch für Jahcoozi stehen mag. Zudem ist es der offenkundigste Hit des Albums, der ohne Umstände auch über die Bassliebhaber-Szenegrenzen hinaus zünden kann.

Das Ende bildet das mit Oori Shalevs Tontöpfen bereicherte „Wasteland“, in dem die drei Wahlberliner mit Deutsch-Sri-Lankisch-Israelischen Ursprüngen einen Hang zu intelligenter elektronischer Musik in Warp-Tradition offenbaren und eine düstere, durchaus an Flying Lotus gemahnende Klangkulisse schaffen. So verlässt der Hörer diese barfüßige Wanderung nicht leichten Herzens.

Es ist verwirrend, wenn einfach nicht nachvollziehbar erscheint, wieso ein Stück Musik, ein Album gefällt, aber so ergeht es mit „Barefoot Wanderer“. Jahcoozi und Gäste eignen sich einmal mehr alles an, was um sie herum stattfindet, verfeinern es und geben es uns zurück. Sie schaffen ein Album, das eigentlich mehr einer Radiosendung zum Thema britischer Bassmusik, britischer Verschmelzung von HipHop und Dancehall ähnelt, das also im Prinzip äußerst heterogen ist, das einen aber vor allem durch die kontinuierliche, homogene Gestaltung von Bass und Beats heimisch fühlen lässt. Es nimmt den Hörer tatsächlich an der Hand und fordert ihn auf, barfuß diese organischen, rhythmischen Landschaften zu durchschreiten.

Mochipet – Microphonepet Remixed

Raps und elektronische Beats. Das kann einerseits HipHop dieser oder der nächsten Generation sein – Hipster sozusagen und doch nicht wirklich. Andererseits stand diese Kombination in der jüngeren musikalischen Vergangenheit ebenso für billigen Eurodancetrash Marke Mr President, 2 Unlimited und Culture Beat. Glücklicherweise handelt es sich bei Daly City Records’ Mochipet um ersteres. Weiterlesen „Mochipet – Microphonepet Remixed“

Jahcoozi – Blitz’N’Ass

From LDN to BLN. Jahcoozis Debüt „Pure Bred Mongrel“ strengte an, gewann aber auf lange Sicht so ziemlich jeden geschmäcklerischen Wettbewerb in meinem Kopf. OK, da mag ein gewisses Maß Buddy-Tum mitspielen, aber das sei mal links liegen gelassen. Der Musikexpress wählte das Album der drei Wahlberliner damals zum Album des Monats – falls ich mich richtig erinnere. Weiterlesen „Jahcoozi – Blitz’N’Ass“